Über unsere Situation

Nov '13

Zwei Monate sind seit  der Einführung der Zensur unserer Korrespondenz vergangen, und nun  können wir ihren strak schikanösen und politischen Charakter feststhalten.
Tatsächlich handelt es sich eher um eine Blockierungs- bzw. Beschlagnahmungsmassnahme von allem, was die politische Debatte angeht, insbesondere Briefe und Unterlagen auf Französisch, Englisch und Spanisch. Dieser Missbrauch wird sogar damit gerechtfertigt,  es fehle ihnen an entsprechendem Personal, und das in einem zentralen Ministerium – dem Departement für Justizvollzugsverwaltung –, was für einen europäischen Staat mit universellen Ansprüchen völlig unglaubwürdig  ist.
In unserem Fall ist dieser Aspekt schwerwiegend, weil einer von uns auch auf der Ebene des Exils und der klandestinen Militanz in Europa gelebt und  im Untergrund politische wie persönliche Beziehungen aufgebaut hat. Ein Teil dieser Korrespondenz spielt sich in diesen Sprachen ab. Und ausserdem sind die rein gefühlsmässig geprägten Briefe von der Beschlagnahmung nicht ausgeschlossen.
Kurz, der Charakter dieser Massnahme, resp. der Repressalie und des Mundtotmachens ist eindeutig.
Offensichtlich haben wir ins Herz der Widersprüche getroffen, und dies mit einer  Methode und einer Tonlage der Beiträge, die von der Macht als gefährlich eingeschätzt werden, was uns mindestens bestätigt, dass sie von Interesse und als Ansatz korrekt sind.
Denn seit Jahren zeichnet sich die Notwendigkeit ab, den Stillstand und die Ohnmacht anzugehen und zu überwinden, die sich in der Klassenbewegung und vor allem in den militanten Szenen, die oft in der Logik der Kleingruppe und der Selbstbezogenheit gefangen sind, breitgemacht haben. Es geht hingegen darum, sich wieder einzumischen und die verschiedenen Dimensionen in Frage zu stellen und zu diskutieren – die politischen, ideologischen, organisatorischen – und an einer neuen Dynamik und Synthese zu arbeiten, die der laufenden dramatischen historischen Phase angemessen sind.
Darum erachten wir die Lebendigkeit der Beziehungen, der Auseinandersetzung und der Debatte in den verschiedenen Sektoren und Zentren der Klassenbewegung als wichtig.
Und wir rufen zur Verbreitung unserer Texte  und der anderen aus dem Widerstand im Knast auf, als einzig angemessene Antwort auf die repressiven Massnahmen.
Sowohl weil wir nicht an den legalen Streit mit diesen „hohen Herrschaften“ glauben, als auch weil es der Bewegung förderlich ist, wenn sie in die eigene Debatte auch jene Positionen miteinbezieht, die als weit zurückliegend und schwer umsetzbar erscheinen, die aber das Ergebnis (und auch Überbringer) der hohen Phasen der Klassenauseinandersetzung sind; als Phasen, in denen die Perspektive der radikalen Umwandlung Wirklichkeit war, und es wieder werden kann!
Vor allem heute, in diesem Szenario der tiefen Krise und einer Zukunft, das einen entschlossenen Qualitätssprung im Widerstand erfordert, und stärker noch in der Anstrengung, ein praktisches revolutionäres Projekt auszuarbeiten.  Dazu wollen wir beitragen, und so bekräftigen wir die Entschlossenheit unserer Antwort auf diesen x-ten repressiven Akt, indem wir genau das festigen und entwickeln, worin die Macht uns behindern will: die Kommunikation und die Debatte zwischen den Realitäten der Klasse, gefangene Militante miteinbezogen.

SISI Vincenzo                                November 2013
DAVANZO Alfredo                            Knast von Siano, Italien
Militante für die PCP-M